von Diözesanbischof Dr. Josef Marketz

„Weil Gott Liebe ist …“

Ausschnitt eines Fastentuchs in der Stadtpfarrkirche St. Markus in Wolfsberg in der Fastenzeit 2004.
Zu sehen ist eine Szene aus dem Buch Genesis (Adam und Eva im Garten Eden) zum 1. Fastensonntag.
(© Foto: Mag. Bernhard Wagner).

Liebe Schwestern und Brüder in Christus!

„Weil Gott Liebe ist …“ – dieses Wort begleitet die Katholische Kirche in unserem Land auf dem Weg der Erneuerung. Es kann im Blick auf die Fastenzeit als Begründung aber auch als Anstoß verstanden werden. Weil Gott Liebe ist, können wir nicht weiterleben, als wäre nichts gewesen. An jedem von uns, aber auch an uns als Gemeinschaft der Glaubenden, muss diese Liebe Gottes sichtbar und erfahrbar werden. Der Glaube, dass Gott Liebe ist, kann uns motivieren und Kraft schenken, dass wir entschlossen das Gute tun. Unsere Bereitschaft, neu zu beginnen, ist zunächst einmal eine Antwort auf die große Verheißung von Auferstehung und Leben. Weil Gott Liebe ist, schenkt er uns Kraft, dem Ruf Christi zu folgen: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15) Umkehr und Neubeginn haben eine Ausrichtung: das Evangelium, die froh machende Kunde, dass Gott unser Leben zum Guten hin verwandeln will. Das Ziel, auf das alle vier Evangelien zugehen, ist Ostern, das Fest des Lebens! Der Apostel Paulus ermuntert uns, diese Chance zu ergreifen – „Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade“ (2 Kor 6,2).

Die Fastenzeit ist für uns als Gemeinschaft der Getauften eine Einladung, zu hinterfragen, wie wir leben – ob wir in der Spur des Evangeliums für die Menschen da sind oder eher uns selbst genügen. Im ständigen Hören auf das Wort Gottes und der gläubigen Feier der Sakramente bitten wir, dass wir von Gott verwandelt werden. Diesen Weg der Wandlung und Entwicklung gehen wir in den nächsten Jahren gemeinsam. Wir wollen als Kirche in den Pfarren und kleinen Gemeinschaften, wie auch als Diözese glaubensstärker und missionarischer, diakonischer und nachhaltiger, synodaler und partizipativer werden.

Was heißt das? Beginnen wir mit dem Glauben. Die Menschen sollen merken: Gott wohnt wirklich unter uns. Das Evangelium des heutigen ersten Fastensonntags führt uns vor Augen, dass es offenbar immer schon schwer gewesen ist, angesichts der Sorgen um das Materielle, Gott im Blick zu behalten. Gerade darin zeigt sich aber am Ende auch die Kraft des Glaubens. Was Jesus widerfahren ist, kennen wir nur zu gut. Wir spüren den Hunger nach dem Materiellen und Sichtbaren stärker als den Hunger nach Gottes Wort, nach Sinn und Ausrichtung. Der erste Satz, den Jesus dem Versucher entgegenhält, stammt aus der Wüstenzeit des Volkes Israel. Die Erfahrung des Mangels hat das Volk Gottes gelehrt, dass der Mensch von jedem Wort lebt, das aus Gottes Mund kommt. Ist dies nicht ein wunderbares Bild, das uns geschenkt wird – gerade in Krisenzeiten? Gott spricht zu uns, um uns zu nähren und Kraft zu geben. Sein Wort stärkt unsere spirituelle Widerstandskraft. Wie im zwischenmenschlichen Bereich ein gutes Wort – sei es wohlmeinende Kritik oder ehrliche Wertschätzung – ausrichtet und aufrichtet, ist es auch in unserer Beziehung zu Gott. Sie wächst durch das Hören auf ihn und unsere Antwort im Gebet. Sein Wort macht uns glaubensstärker, lehrt uns, sich ihm anzuvertrauen und fest in ihm zu verwurzeln. Glaubensstarke Menschen haben gelernt, die Spannungen und Widersprüche, in die sie das Leben führt, auszuhalten. Sie teilen ihre Hoffnung mit anderen Menschen, helfen mit, Spaltungen zu überwinden und sind in diesem Sinne missionarisch. Eine missionarische Kirche macht ihre Zelte weit, lädt die Menschen ein, in den Stürmen dieser Zeit bei ihr einzukehren, um Ruhe und Gastfreundschaft zu genießen.

In diesem Sinne wollen wir auch diakonischer und nachhaltiger werden. Wer auf Gott baut, kann nicht anders, als an einer Welt zu bauen, in der die Menschen füreinander da sind. Auch in dieser Hinsicht ist Jesus versucht worden. Der Teufel will ihn verleiten, sich von der Zinne des Tempels zu stürzen, um Aufmerksamkeit zu erregen und seine Gottesnähe zur Schau zu stellen. Die Eitelkeit, der Drang, beachtet und bewundert zu werden, verstellt uns zu oft den Blick auf jene, die ohnehin kaum gesehen werden, weil sie keine Stimme haben und – wie man sagt – am Rand leben. Für Gott aber sind sie nicht am Rand, sondern im Zentrum seines Handelns. Er hört die Notleidenden und sieht ihr Elend. Eine Kirche, die Gottes Spur folgt, kann also gar nicht anders, als zu dienen, für andere da zu sein, verlässlich und nachhaltig.

Diese Haltung verwandelt auch das Miteinander in der Kirche selbst. Eine Gemeinschaft, in der Menschen konsequent füreinander da sein wollen, kann dies nur synodal und partizipativ tun. Synodal heißt, dass wir miteinander auf dem Weg sind und einer des Anderen Last trägt (Gal 6,2). Partizipativ aber bedeutet, dass wir am Leben der anderen teilhaben und diese auch an unserem Leben teilhaben lassen.

Liebe Gläubige, so wird die Kirche in den Herzen der Mitchristinnen und Mitchristen erstarken, weil sie merken, dass sie ein unverzichtbarer Teil davon sind, als Mittragende und auch als Getragene. Ist das nicht ein verheißungsvolles Ziel?

Gott ist Liebe, er geht mit uns und steht uns bei, als Getaufte an einer Welt zu bauen, in der die Menschen füreinander da sind. In diesem Sinne lade ich Sie ein: Nehmen Sie die Fastenzeit zum Anlass, dieses große Ziel in den Blick zu nehmen. Beginnen Sie, die Haltungen, die jeder Erneuerung zugrunde liegen, einzuüben. Prägen Sie auf diese Weise die Kirche und die Gesellschaft in Kärnten mit!

+ Josef Marketz
Diözesanbischof

Klagenfurt a. W., am 1. Fastensonntag, den 26. Februar 2023

Siehe auch: Die Pfarre auf der Diözesanwebsite.

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